Leben

"Ich finde die Zivilisation ist eine gute Idee. Nur sollte endlich mal jemand anfangen, sie auszuprobieren."

Arthur C. Clarke

Alles, was dem unbewussten Kulturmenschen im Diesseits fehlt, projiziert er auf ein hypothetisches "Jenseits". Die Religion, die schon immer die Aufgabe hatte, die Fehler der Makroökonomie aus dem Bewusstsein der halbwegs zivilisierten Menschheit auszublenden, machte sich dies zunutze, indem sie ihren Untertanen Jenseitsphantasien verkaufte, um den durch die fehlerhafte Makroökonomie verursachten Mangel durch ein hypothetisches "Leben nach dem Tod" auszugleichen. Zinsverlierer, die sich "fröhlich und getrost" ausbeuten lassen, weil sie ja "im Himmel reichlich belohnt" werden, sind sicher die angenehmeren Untertanen, von denen die Herrschenden (Zinsprofiteure) sogar noch Dankbarkeit erwarten dürfen:

Allerdings erging es den Herrschenden dabei kaum besser. Denn was ist schon der ganze Besitz eines Königs früherer Zeiten, wenn wir diesen dekadenten Schnickschnack mit dem ganz normalen Lebensstandard eines mittelständischen Unternehmers der Gegenwart vergleichen? Und wie unendlich langweilig ist wiederum die Existenz eines Zinsgewinnlers der Gegenwart, der sich auch nur die Trivialitäten leisten kann, die es schon gibt, verglichen mit dem wahren Leben in der Natürlichen Wirtschaftsordnung, in der so etwas wie "Alltag" nicht mehr existiert?

Wie bereits angesprochen, ist "die Lösung der sozialen Frage" keinesfalls das Wichtigste der Natürlichen Wirtschaftsordnung, sondern nur ein "selbstverständlicher Nebeneffekt", den die ideale Makroökonomie quasi im Vorübergehen selbstregulativ herbeiführt und dauerhaft aufrechterhält. Das Wesentliche ist der technologische und kulturelle Fortschritt, der im Kapitalismus immer wieder dadurch zum Erliegen kommt, dass nicht die in jeder Beziehung Fähigsten, sondern die in jeder Beziehung Sparsamsten die wesentlichen Entscheidungen treffen, sodass die ganze Kultur in jeder Beziehung verarmt, je größer die Zinsumverteilung wird.

Der Kapitalismus ist durch eine unnatürliche Polarität gekennzeichnet, die prinzipiell alle Menschen in Zinsverlierer (Proletariat) und Zinsgewinnler (Dekadenz) unterteilt. In beiden Fällen gibt es kein bewusstes Leben, wenn wir dieses als eine sinnvolle Abfolge von bewusstem Wollen und zumindest möglicher Willensbefriedigung auffassen! Denn ein Zinsverlierer muss ständig etwas wollen, um nur zu existieren, ohne aber die Chance zu haben, das Gewollte zu erreichen, während ein Zinsgewinnler bereits existiert ohne etwas zu wollen, und daher nicht wissen kann, was er wirklich will.

Erst durch die stetige Proportionalität von marktwirtschaftlich erbrachter Leistung und Gegenleistung, wie sie nur in der Natürlichen Wirtschaftsordnung dauerhaft besteht, kann der Kulturmensch (der Homo oeconomicus im wahrsten Sinn des Wortes) überhaupt erst ein Bewusstsein entwickeln. Nur der veraltete Archetyp "Investor" im Unterbewusstsein (noch) nicht auferstandener Menschen, der natürlich bestrebt ist, (noch) bestehende Machtstrukturen aufrecht zu erhalten, lässt immer wieder Zweifel an dieser klaren Feststellung aufkommen. Die ganze Hohlheit dieser Kritik wird sofort deutlich, wenn wir uns mit den Worten von Silvio Gesell vor Augen führen, dass allein die Arbeitsteilung den Menschen über den Tierzustand erhob!

Die Verwirklichung der Natürlichen Wirtschaftsordnung ist in diesem Zusammenhang nichts anderes als die Perfektionierung der Arbeitsteilung, die den Kulturmenschen endgültig zivilisiert.

Doch wo bleibt jetzt das "Leben nach dem Tod"? Belassen wir es vorerst bei der Feststellung, dass es für die Identität des einzelnen Kulturmenschen weniger darauf ankommt, was in seinem Personalausweis steht, sondern mit welchen Augen der bewusste Mensch die Welt betrachtet, in der wir leben.